Nach Wochen, ja Monaten, in denen Treffen verboten waren, und in einer Zeit, wo das Gebot „Abstand halten!“ noch immer gilt, ist es ein wahrhaft eigentümlicher Moment, zum ersten Mal wieder in einem Stuhlkreis zu sitzen. Der Blick geht zu rund 15 Frauen und Männern, die eins verbindet, ohne sicher zu sein, dass alle dies auch so sehen: Sie sorgen sich – jede und jeder auf die eigene Art – um Menschen und begreifen dies als Seelsorge.
Schnell wird klar: Hier liegt nicht nur Spannung in der Luft, weil die einen Maske tragen und die anderen am liebsten ihren Stuhl näher als die verlangten anderthalb Meter an die Sitznachbarin schieben wollen. Hier haben Menschen allzu lange auf eine solche Begegnung warten müssen, war anderes immer wichtiger, gibt es Kränkungen durch den mal unterschwellig, mal deutlich behaupteten Unterschied zwischen „richtigen“ Seelsorgerinnen und Seelsorgern im Pastoralteam und den „irgendwo“ zwischen Pastoral und Caritas verorteten Seelsorglichen Begleiter_innen, die nach entsprechender Qualifikation und bischöflicher Beauftragung in Pflegeheimen, im Hospiz oder in der ambulanten Pflege tätig sind. Die Leitungen des örtlichen Caritasverbandes und des Pastoralen Raums im sauerländischen Arnsberg sprechen dann auch von einem längst überfälligen „Familientreffen“, werben für ein „Antänzeln“ und beschwören die „Genossenschaft“. Manche ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter runzeln skeptisch die Stirn oder sprechen laut aus, dass der „Rucksack“ mit Erfahrungen und Erwartungen voll sei und dass sie fürchteten, hier würde wieder einmal nicht auf Augenhöhe kommuniziert werden.
Und genau das geschieht dann doch. In gemischten Kleingruppen kommt man sich buchstäblich näher. Wer mag, kann den Kolleginnen und Kollegen erzählen, was die eigene Seelsorgebiografie prägt. Mit Respekt, ja Ehrfurcht wird zugehört, wenn von Begegnungen mit Menschen in unterschiedlichster Not, dem schwierigen Verzicht auf Lösungsvorschlägen in seelsorglichen Gesprächen und dem gläubigen Aushalten „unter dem Kreuz“ berichtet wird. Ganz unterschiedliche Talente und Kompetenzen werden sichtbar, die alle „Präsenz“ und „Empathie“ als Schlüssel für gelingende Seelsorge benennen. Voller Wertschätzung sagt der eine der anderen zu: „Wie du seelsorglich wirkst, das könnte ich nicht.“ – Und die so Angesprochene antwortet: „Gut, dass ich weiß, dass ich dich immer um Unterstützung fragen kann.“ Als die vereinbarte Zeit des Workshops endet, zeigt die Runde nochmals ihre ganze Professionalität im raschen Vereinbaren eines Folgetermins inklusive der „Taufe“ dieses hoffentlich nachhaltigen Formats auf den vielversprechenden Namen „Seelsorge-Team“. Und nicht nur Marion Riese, Ralf Nolte und Ulrich Feeser-Lichterfeld als Moderator_innen- und Autor_innen-Trio staunen: Mehr Team als gedacht!
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Ulrich Feeser-Lichterfeld ist Redaktionsmitglied von care-lichtblicke und als Professor für Praktische Theologie an der KatHO NRW tätig.