Kann es sein, dass mit Beginn der Corona-Pandemie uneigennützige Nächstenliebe und (Für)Sorge umeinander und damit zentrale christliche Werte mehr (und nicht nur sichtbarer) als davor als Grundlage konkreten sozialen Handelns an Bedeutung gewinnen? Selbst, wenn Menschen dies nicht unbedingt (bewusst) aus einem Glaubensbezug heraus tun, so hat sich das Verhalten vieler doch als Reaktion auf die Ausbreitung des Virus verändert.
Ob es die Begleitung, Pflege und Versorgung Bedürftiger, die Unterstützung bei der Erledigung alltäglicher Aufgaben, das Sich-Zeit-Nehmen, um zu hören, wie es einem Mitmenschen gerade geht oder ganz allgemein die Entwicklung und Umsetzung kreativer Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen der aktuellen Zeit ist: All das entspricht meiner Vorstellung christlich geprägten Handelns.
Viele Menschen erlebe ich derzeit als „(Alltags-)Heldinnen“ und „(Alltags-)Helden“. Sie wachsen über sich selbst hinaus, um ihre eigene Lebenssituation und die ihrer Mitmenschen unter den veränderten Umständen zu meistern; sie investieren Zeit, Energie, Geld, um für andere da zu sein, ihnen Trost und Hoffnung zu spenden; sie engagieren sich im Kleinen und Großen, um einen Beitrag nicht nur zur Eindämmung klassisch gesundheitsspezifischer, sondern auch potenzieller weiterer negativer individueller wie gesamtgesellschaftlicher Folgen der Pandemie zu leisten.
Nicht jede_r Christ_in ist ein_e Heilige_r. Und doch tragen viele von uns – ob bewusst oder unbewusst, ob mit oder ohne eigenen Glaubensbezug – etwas in sich – und mittlerweile eben auch erkennbar(er) nach außen in die Beziehungen zu anderen hinein –, das ich als zutiefst christlich empfinde: Liebe, Barmherzigkeit, Hoffnung.
An Allerheiligen gedenken wir der Heiligen. Vielleicht wird es irgendwann in der Zeit nach der Pandemie einmal einen offiziellen Tag im Jahr geben, an dem wir der Heldinnen und Helden und auch der Opfer dieser Zeit gedenken werden. Bis dahin können wir dies jeden Tag im Stillen, v.a. aber auch in den ganz konkreten Beziehungen zu unseren Mitmenschen tun.
Ähnlich, wie viele von uns es am heutigen Feiertag mit dem Entzünden von Kerzen tun, können wir alle auch in unseren täglichen Begegnungen Zeichen der Anerkennung, der Dankbarkeit, des Gedenkens setzen. Ein liebes Wort, ein Dank, ein Lächeln haben schließlich noch niemandem geschadet. Oder?
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Marion Riese ist Redaktionsmitglied von Care Lichtblicke und an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig.